„Das Beste oder nichts“ – Mit diesem Slogan bewirbt Mercedes-Benz aktuell seine Flotte. Doch wie verhält es sich in Sachen Elektromobilität, bietet hier Mercedes auch das Beste oder eher nichts ? In einer Kampagne auf Facebook macht Mercedes mit einer C-, einer E- und einer GLE-Klasse, welche per Plug-In-Hybrid angetrieben werden, auf sein Label EQ aufmerksam. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge mit einer Verbrennungsmotor/Elektromotor-Kombination welche mit einer NEFZ-Reichweite von um die 30 Kilometer angegeben werden. Der erfahrene Elekromobilist weiss, dass dies eher Makulatur ist als ökologische Fortbewegung. Die tatsächliche Reichweite dürfte bei diesen Fahrzeugen für viele Nutzer nicht einmal für den Arbeitsweg reichen – das können Andere leider besser. Aus Sicht vieler Elektromobilisten hinken die deutschen Hersteller in Bezug auf Elektromobilität den Wettbewerbern aus Frankreich, Asien und den USA hinterher. So hat Visionär Elon Musk vor einigen Jahren beschlossen, das beste Elektroauto zu bauen und mit dem Tesla Model S bewiesen, dass elektrische Fortbewegung ohne großartige Einschränkungen möglich ist, leider ist der Preis dafür sehr hoch. Die Ankündigung des Tesla Volumenmodells, dem Model 3, wird wohl in die Geschichte der Automobilität eingehen, innerhalb kürzester Zeit wurden über 400000 Vorbestellungen gezählt und das obwohl noch niemand das Auto fahren konnte. Tesla gilt in der Szene der Elektromobilisten als das Non-plus-Ultra und setzt somit die Marke für alles, was es auf dem Markt der Elektromobilität gibt.
Ein Stern mit Teslaherz
Doch was hat Mercedes mit Tesla zu tun ? Hier soll es doch um die elektrische B-Klasse gehen. Ganz einfach, Mercedes hat sich bei der Entwicklung der elektrischen B-Klasse für den besten Kooperationspartner in Sachen Elektromobilität entschieden, denn alle Komponenten des elektrischen Antriebs stammen vom Kalifornischen Elektropionier Tesla. Zum Zeitpunkt der Entwicklung der B-Klasse Electric-Drive, hatte Mercedes Anteile an Tesla, so sieht man z.B. im Tesla Model S auch viele bekannte Bedienelemente aus dem Mercedesregal. Schwäbische Solidität gepaart mit Kalifornischem Elektroantriebs-Know-How, man möchte meinen, besser geht es nicht, doch wie sieht es in der Realität aus ? 179 PS und 320 Nm Drehmoment sind schon einmal beeidruckende Werte. In 7,9 Sekunden geht es von 0 auf 100 und wer schon erfahren konnte, wie bereits 90 elektrische PS an der Achse zerren, der kann sich in etwa vorstellen, wie die elektrische B-Klasse beschleunigt. Der Ferrarifahrer, welcher mir auf der Autobahn bei Tempo 100 in den Kofferraum kriechen wollte, war offenbar geradezu schockiert, als ich auf den Sportmodus umgeschaltet und einmal kräftig Strom gegeben habe. Anders ist es nicht zu erklären, dass dieser im Rückspiegel immer kleiner wurde, zumindest bis Tempo 160, da ist die elektrische B-Klasse nämlich zu Gunsten der Reichweite abgeriegelt.
Wer Reichweite will, muss defensiv fahren
Solche Eskapaden gehen natürlich zu Lasten der ohnehin schon nicht üppigen Reichweite, gerade mal 200 Kilometer sind laut NEFZ mit dem elektrischen Schwaben möglich. Bei der ersten Ausfahrt waren rechnerisch 170 Kilometer erreichbar und das bei defensiver Fahrweise. Dabei teilte sich die Fahrtstrecke in etwa auf 2/3 Autobahn und 1/3 Landstraße auf. Die Autobahn gilt als der natürliche Feind der Reichweite, denn Elektrofahrzeuge sind vor allem dort effizient unterwegs, wo Energie durch Bremskraft zurückgewonnen werden kann. Im Gegensatz zum Verbrennungsmotor, verbraucht ein Elektrofahrzeug also auf der Autobahn mehr als im Stadtverkehr, denn erstens wird auf der Autobahn kaum Energie zurückgewonnen und zweitens steigt der Verbrauch mit steigender Geschwindigkeit an. Wer also die maximale Reichweite erreichen möchte, der muss defensiv unterwegs sein, das gilt für die elektrische B-Klasse ebenso wie für jedes andere Elektro-Fahrzeug. So sind die 200 Kilometer Reichweite wohl nur bei milden Temperaturen und gezügeltem Gasfuß im Landstraßen- und Stadtbetrieb möglich, auf der Autobahn mit Tempo 120 kann man sich davon getrost verabscheiden. 16,6 kWh/100 Kilometer lautet die NEFZ-Werksangabe, unter 18 kWh/100 Kilometer konnte ich in den 3 Tagen Testfahrt als Durchschnittswert nicht erreichen.
So fährt sich die elektrische B-Klasse
Die elektrische B-Klasse verfügt über 3 Fahrmodi, S(port), E(co) und E(co)+. Nach dem Start wechselt das Fahrzeug automatisch in den E-Modus welcher sich gut für den normalen Alltag eignet und sogar auf der Autobahn ausreicht, so lange man sich kein Rennen mit einem Ferrari liefern möchte. Generell muss man in allen Modi das Strompedal weit durchdrücken, um die vollständige Leistung des Fahrzeugs abzurufen. Die Kennlinie des Strompedals ist offenbar auf Sparsamkeit getrimmt, gibt man normal Strom, so nimmt das Fahrzeug eher Fahrt auf, als dass es im Sprint davon zieht, erst ab Halbgas, wird der Tesla-Antrieb unter der Haube munter. Der E-Modus reicht für das alltägliche Fahren. Auch auf der Autobahn beschleunigt die elektrische B-Klasse in diesem Modus vollkommen ausreichend. Im Sport-Modus geht es dann auf Wunsch richtig zu Sache, tritt man das Strompedal durch, dann beschleunigt das Fahrzeug äußerst dynamisch und die 179 elektrischen Pferde sorgen für reichlich Fahrspaß. Möchte man reichweitenoptimiert unterwegs sein, empfiehlt sich der E+ Modus, mit welchem aber auch gleich jeglicher Fahrspaß abgeschaltet wird. Das Fahrzeug nimmt hier eher Fahrt auf, als dass es beschleunigt und der Tritt aufs Strompedal wirkt extrem zäh. Die Endgeschwindigkeit ist bei E+ auf 110 km/h limitiert. Immerhin prognostiziert einem das Fahrzeug im E+ Modus 10 Kilometer mehr Reichweite, wobei die tatsächliche Reichweite viel mehr durch die persönliche Fahrweise beeinflusst wird. Eine Anzeige im Zentraldisplay zeigt einem auf Wunsch an, wie effektiv man gerade unterwegs ist und wie viele Kilometer Reichweite man als Bonus erreichen konnte.
Akku und Ladeeinheit
Mit 28 kWh Gesamtkapazität, gehört die elektrische B-Klasse nicht zu den Spitzenreitern unter den aktuellen elektrischen Fahrzeugen. Die NEFZ-Reichweite von 200 Kilometern entspricht dem Stand von 2013, heute sind Reichweiten von 300 Kilometern problemlos möglich. Nicht ganz up-2-date ist leider auch der Lader der elektrischen B-Klasse. Setzen andere Hersteller wie Volkswagen und Opel auf die schnelle Gleichstromladung per CCS, kann der Mercedes nur mit Wechselstrom geladen werden und dies leider auch nur mit maximal 11 kW/h. 3 Stunden würde eine vollständige Ladung in etwa benötigen, die gleiche Menge an Strom könnte mit CCS in einer guten halben Stunde aufgeladen werden. Das ist bedauerlich, denn dieser Umstand verleiht dem Elektrostern nicht gerade Langstreckenqualität – wer möchte schon 3h an einer Autbahnraststätte verweilen ?
Ein Elektroauto mit Platz
Unter Elektromobilisten führt die B-Klasse ED daher eher ein Nischendasein. Die Kombination aus langsamem Lader und in Relation hohem Verbrauch macht sie nicht wirklich attraktiv, hinzu kommt der hohe Preis. Allerdings hat die B-Klasse durchaus ihre Vorzüge und vergleicht man sie mit dem Wettbewerb, dann sollte man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. So ist die B-Klasse ED von der Fahrzeugkategorie ein Minivan und keine im Windkanal optimierte Flunder. Der CW-Wert liegt höher als bei manch anderem Elektroauto, was natürlich einen höheren Verbrauch nach sich zieht. Zudem wurde die B-Klasse ursprünglich als Verbrenner entwickelt. Wie beim E-Golf, ist die Elektrovariante ein Ableger des Verbrenners, welcher in Bezug auf Karosserie und Leergewicht nicht optimal für Elektromobilität konzipiert wurde. Dafür erhält man jedoch ein Auto ohne Abstriche im Komfort und vor Allem ohne Abstriche beim Platzangebot. Bei der elektrischen Version der B-Klasse wurde das Akkupaket im Unterboden verbaut, weshalb diese noch ein wenig höher liegt, als das Schwestermodell mit thermischem Antrieb. Durch diese Bauweise geht im Innenraum kein Platz verloren, das Raumangebot gleicht also dem des Verbrenners und darf als üppig bezeichnet werden. Knapp 1500 Liter fasst die B-Klasse ED bei umgelegten Rücksitzen. Der Clou, der Beifahrersitz kann nach vorne umgelegt werden, was den Transport langer Güter ermöglicht. Dank der Bauweise können auch sperrige Güter gut befördert werden, hier hindert kein coupéförmiges Heck das Beladen des Fahrzeugs. Sind die Sitze nicht umgelegt, stehen ordentliche 500 Liter zur Verfügung. Die Karosserieform der elektrischen B-Klasse trägt zwar nicht zur Effizienz in Bezug auf Reichweite bei, dafür eignet sie sich aber gut als Transporter und der vermeindlich hohe Verbrauch relativiert sich in Anbetracht der Fahrzeuggröße.
Vertrautes Interieur
Nimmt man hinter dem Lenkrad der elektrischen B-Klasse Platz, so blickt man als Mercedesfahrer auf vertrautes Interieur. Frei nach dem Motto „Kennst Du einen kennst Du alle“ findet man sich in dem Schwaben sofort zurecht. Die Bedienelemente sind ergonomisch dort angebracht, wo man sie erwartet. Lediglich die in der Ausstattungslinie „Electric Art“ (2308,60 € Aufpreis) silbern lackierten Bedienknöpfe für den Fahrmodus, die Vorklimatisierung, Range Plus und die Sitzheizung sind bei Tageslicht schwer zu erkennen. Das Fahrzeug ist solide und wertig verarbeitet. In der Ausstattungsvariante „Electric Art“ ist das Armaturenbrett mit Kunstleder und blauen Ziernähten bezogen, das wirkt edel und sportlich zugleich. Das Handschuhfach aus solidem Hartplastik ist innen mit Filz ausgekleidet, Teppichboden aus Velours und Türverkleidungen mit Kunstlederbezug wirken wertig, ebenso die Kunstledersitze, welche auch als Echtledersitze durchgehen würden. Die B-Klasse bietet vorne reichlich Ablagemöglichkeiten, zwei Becherhalter und eine verstellbare Armablage unter welcher sich nochmals ein Ablagefach mit 2 USB-Steckdosen befindet, die man z.B. zum Aufladen des Smartphones nutzen kann. Das Cockpit ist konventionell gestaltet, hier verrichten zwei Rundinstrumente und ein Zentralsdisplay ihre Dienste und kein TFT wie in anderen Elektrofahrzeugen. Das eine Rundinstrument zeigt die Geschwindigkeit an, auf dem anderen wird die prozentual abgerufene Energie angezeigt. Das Zentraldisplay gibt alle möglichen Informationen her, so kann die Effizenz der eigenen Fahrweise angezeigt werden aber auch der Momentanverbrauch, der Durchschnittsverbrauch ab Start und ab Reset oder einfach nur der Wegstreckenzähler – ganz so, wie man es auch von Mercedes gewohnt ist. Ein wenig vermisse ich als Elektromobilist eine Prozentangabe des Akku-Ladezustandes. Die Ladung des Akkus wird lediglich in Form einer herkömmlichen „Tankuhr“ dargestellt. Gerade beim Ladevorgang wäre ein aktueller Ladezustand in Prozentzahl informativer. Dieser kann aber wohl über die ConnectMe App abgerufen werden, leider konnte ich dies nicht testen, da man hierfür das Fahrzeug erst registrieren muss.
Infotainment und Vernetzung
Die elektrische B-Klasse verfügt über vernetzte Dienste (178,50 €), darüber kann neben dem Ladestand des Akkus z.B. auch die Vorklimatisierung gestartet werden, Sommer wie Winter eine feine Sache. Das Infotainment kennt man von Mercedes, Radio, Navigation und weitere Dienste werden auf einen Display auf der Mittelkonsole angezeigt, welches einem iPad gleicht. Die Bedienung erfolgt bequem mittels eines Drehrädchens vor der Armlehne. Per Bluetooth kann man das eigene Telefon koppeln und dann über das Infotainmentsystem auf Anruflisten und das Kontaktverzeichnis zugreifen. Leider verfügte das Testfahrzeug nicht über Apple Carplay, einen Dienst, welcher einem die Integration des iPhones auf dem Bildschirm des Fahrzeugs ermöglicht und somit einfachen Zugriff auf z.B. die eigene Musik-Mediathek bietet. Gegen Aufpreis von 357 € ist die Smartphoneintegration jedoch erhältlich.
Assistenzsysteme
Sicherheitsgurt, Airbags oder ABS, Mercedes hat immer vorne mitgespielt, wenn es um die Entwicklung sicherheitsrelevanter Ausstattungen ging. Über Jahrzehnte galt Mercedes als Vorreiter in Sachen Sicherheit, doch wie verhält es sich heute ? Totwinkelassistent (535,50), Bremsassistent, Fahrer-, Beifahrer, Seiten- Window- und Knee-Airbags, Kollisions-Warn-Assistent, Aufmerksamkeitsassistent, Notruf-System – die B-Klasse ist in Punkto Sicherheitsassistenz gut ausgestattet. Das im Testwagen verbaute radargestütze rekuperative Bremssystem hilft dabei, die Rekuperation je nach Verkehrssituation zu regeln. Das Fahrzeug „segelt“ so lange wie möglich, sobald das Radar ein vorausfahrendes, langsameres Fahrzeug erkennt, greift die Rekuperation ein und es wird ein Bremsvorgang ausgelöst, mit welchem Energie zurückgewonnen wird. Weshalb Mercedes das Radar nicht mit dem Tempomaten koppelt und somit einen Abstandregeltempomaten anbietet, ist für mich nicht nachvollziehbar, die Technik dafür ist jedenfalls bereits im Fahrzeug verbaut. Spurhalteassistent (535,50 €), Pre-Safe-System (392,70 €), Sidebags im Fond (446,25 €) und Rückfahrkamera (398,65 €) sind wie vieles Andere gegen Aufpreis erhältlich.
Ein vollwertiger Mercedes auch beim Preis
Wenig verwundert der Preis für den Elektroschwaben, mit 39151 € in der Basisausstattung dürfte dieser wohl an der Spitze in dieser Fahrzeugklasse liegen. Für den Preis enttäuscht die Grundausstattung schon ein wenig, nicht einmal Alufelgen gehören zum Serienumfang. Die Aufpreisliste ist, wie bei Mercedes üblich, lang. Elegant und sicher ausgestattet, schafft man es schnell über 45000 €, das ist viel Geld für ein Fahrzeug in dieser Fahrzeugklasse. Der Aufschlag für den elektrischen Antrieb ist hier jedoch nicht so groß, wie bei anderen Herstellern, 2600 € liegt der B250e über einem vergleichbar motorisierten B220 d.
Fazit
Die B-Klasse Electric-Drive, ist definitiv nicht nichts aber in Bezug auf Elektromobilität halt auch nicht das Beste. Die Reichweite und vor Allem die Ladetechnik entspricht nicht dem aktuellen Standard und ein Update täte dem Fahrzeug gut. Dafür entschädigt Sie jedoch mit einem ordentlichen Platzangebot und einen dynamischen Antritt. Hätte Sie eine CCS-Lademöglichkeit, würde sich die elektrische B-Klasse sogar als Reisefahrzeug eignen. Wer nicht weiter als 150 Kilometer am Stück unterwegs ist und häufiger Platz im Fahrzueg benötigt, für den stellt der elektrische Mercedes möglicherweise eine, wenn auch teure, Alternative dar. Mein Dank gebührt dem Autohaus Kunzmann, welches so nett gewesen ist, mir einen B250e für 4 Tage ohne Kilometerbegrenzung zur Verfügung zu stellen.