Wer in die Welt der Elektromobilität einsteigt, der muss sich mit vielen neuen Begriffen auseinandersetzen. Das der Verbrauch nun in kWh angegeben wird ist hierbei noch das Einfachste. Stöbert man durch Foren und Blogs von Elektromobilisten trifft man auf Begriffe wie SOC (State of Charge), Ladeverluste oder Balancing. Auf Letzteres möchte ich in diesem Beitrag eingehen. Es hört sich einfach an, ein Elektroauto zu „betanken“ ist im Prinzip nicht schwieriger als ein Handy zu laden, nur dauert es etwas länger. Was der neue Elektromobilist wissen sollte, die Geschwindigkeit der Ladung hängt von diversen Faktoren ab.
1. Stärke des Netzes
Wesentlicher Faktor ist die verfügbare „Menge“ an Strom, an einer normalen Haushaltssteckdose lädt so ein Elektroauto natürlich deutlich länger, als an einer Drehstromsteckdose, wie schnell hängt vom Stromfluss ab. An einer herkömmlichen 10A Steckdose ist dieser auf 2 kW begrenzt, ein Akku mit 20 kWh Fassungsvermögen würde an einer solchen Steckdose 10 Stunden laden. Besser ist da schon eine mit 16A abgesicherte Leitung, hier kann mit 3,6 kW geladen werden, was die Ladedauer auf ca. 6 Stunden sinken lässt. Noch schneller geht es an Drehstrom. Mit 16A fließen 11 kW und mit 32A 22 kW, was zu Ladezeiten von 1 bis 2 Stunden führt (je nach verfügbarer Leitung). Generell wird für das Laden der meisten Elektrofahrzeuge eine Wallbox benötigt, sofern diese an Starkstrom geladen werden sollen, man kann nicht einfach das Ladekabel in die Drehstromsteckdose stecken. Eine Wallbox ist im Prinzip technisch nichts Anderes, als eine öffentliche Ladesäule. Sofern an einer Haushaltssteckdose geladen wird, benötigt man ein spezielles Ladekabel.
2. Der Lader des Fahrzeugs
Nicht jedes Fahrzeug verfügt über einen Schnelllader und selbst wenn ein Fahrzeug einen Schnelllader hat, so kann nicht jeder Schnelllader an einer Wechselstromsteckdose laden. Fahrzeuge wie z.B. der Nissan Leaf verfügen lediglich über einen Gleichstromlader als Schnellladesystem mit dem Typ ChaDeMo. ChaDeMo-Lader können nicht an einer herkömmlichen Drehstromsteckdose betrieben werden, da hier mit 62,5 kW Gleichstrom geladen wird. Zudem bräuchte man einen Umwandler, welcher den Wechselstrom des Netzes in Gleichstrom umwandelt. Das heißt natürlich nicht, dass man den Leaf nur an Gleichstom laden kann, alternativ kann dieser an einer normalen Steckdose geladen werden und ist dann je nach Leistung in 6 bis 10 h geladen. Der Renault Zoe z.B. verfügt über einen intelligenten Lader (Chameleon-Charger), welcher es dem Fahrzeug ermöglicht, je nach vorliegender Leistung von 2kW bis 42kW zu laden, was Ladezeiten von 6 Stunden bis 30 Minuten (80%) ermöglicht. Dieser „Universallader“ des Zoe ist einzigartig und wird bislang nur in diesem Fahrzeug angeboten. Auch Fahrzeuge wie das Tesla Model S oder die B-Klasse Electric-Drive können mit 11 kW-Lader geordert werden. Der E-Golf oder der BMW i3 können z.B. nur mit 3,7 kW (i3 an 20 A mit 4,5kW) geladen werden für die Schnellladung wird eine Gleichstromladesäule mit CCS (Combined Charging System) benötigt.
3. Die Temperatur
Jeder der bereits einmal sein Handy über Nacht im kalten Auto liegen gelassen hat, kennt das Phänomen, das Gerät wirkt träge. Ähnlich ergeht es einem Akku bei niedrigen Temperaturen. Die kleinen Elektronen, welche in den Akkus herumschwirren, mögen Kälte gar nicht und so kommt es, dass ein kalter Akku längere Zeit für die Ladung benötigt, als ein warmer Akku. Gerade jetzt in der kälter werdenden Jahreszeit, wird einem als Elektromobilist dieser Punkt wieder schlagartig bewußt. Da kann es trotz 22KW mal locker 2 h oder mehr benötigen, bis das Fahrzeug vollständig geladen ist. Außerdem stellt ein kalter Akku nicht die volle Kapazität zur Verfügung. Winter ist also sozusagen das Worst-Case-Szenarium für einen Akku, denn zu verlängerten Ladezeiten und geringerer Kapazität gesellt sich noch ein höherer Energiebedarf. Heizung, Licht, Heckscheibenheizung usw. sind Verbraucher, die ebenfalls dazu beutragen, dass die Reichweite sinkt. So kann es je nach Fahrweise und Heizungseinsatz schon sein, dass die Gesamtreichweite im Winter auf bis zu 50% sinkt. Bei mir sind es aktuell 120 Kilometer statt 180 Kilometer.
Geduldsprobe für Eletromobilisten – Das Balancing
Der Ladevorgang eines Eletroautos besteht aus 2 Phasen. In der ersten Phase wird der Akku fast vollständig aufgeladen, dabei steigt die Ladegeschwindigkeit zunächst an und ist dann bis zu einem Ladestand von 95% relativ konstant. Bei milden Temperaturen und 22KW-Ladung benötigt der Renault Zoe ca. 40 Sekunden für 1% Ladung. Ab 95% dauert es dann in etwa doppelt so lange für 1%. Bei 99% erlischt im Zoe die Anzeige der voraussichtlichen Restladedauer. Als ich das erste mal ludt, dachte ich schon, mit meinem Akku stimmt etwas nicht, erfuhr dann aber bald, was es mit dem letzte Ladeprozent auf sich hat. Der Elektromobilist spricht vom Balancing, doch was verbirgt sich hinter diesem Vorgang, der zum Teil fast eine Stunde benötigen kann ? Ein Autoakku besteht aus vielen einzelnen Zellen. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, als hätte man einen großen Karton, gefüllt mit Akkus der Größe einer Mignonzelle. Diese vielen einzelnen Akku-Zellen liefern die gesamte Stromkapazität für das Fahrzeug. Im Fahrbetrieb entladen sich die Zellen, allerdings nicht gleichmäßig, so dass die Zellen zum Zeitpunkt des Ladevorgangs unterschiedlich stark geladen sind. Um nun zu verhindern, dass die Zellen nach vollständiger Ladung unterschiedlich stark geladen sind, werden alle Zellen auf eine Ladeniveau gebracht. Dabei gleichen sich die Zellen untereinander ab. Zellen, welche stärker geladen sind, geben dabei Energie an schwächer geladene Zellen ab. Zu erwähnen ist dabei noch, dass eine Zelle nie ihre volle Kapazität ausschöpft, es bleibt immer noch ein wenig Platz in der Zelle, um zu vermeiden, dass diese „überläuft“. Der Vorgang des Balancings ist wichtig, um zu gewährleisten, dass alle Zellen möglichst gleichmäßig genutzt und nicht manche Zellen stärker beansprucht werden als andere Zellen. Daher sollte man das Balancing regelmäßig durchführen, auch wenn es dauert. Man muss nicht bei jedem Ladevorgang das Balancing abwarten, sollte dies aber bei jedem 3. Vorgang durchführen. Sofern man den Ladevorgang vor Abschluß des Balancings bei 99% abbricht, kann es durchaus passieren, dass man plötzlich ein paar Prozent der Ladung im Stand „verliert“. Auch wenn das Fahrzeug nicht lädt, versuchen sich die Zellen gegenseitig auszugleichen, waren die Zellen zuvor stark ungleichmäßig geladen, so beträgt die Ladung nach „Zellausgleich“ dann möglicherweise weniger als 99%. Auch dies bedeutet keinen defekten Akku sondern ist reine Physik. A pro pos Physik, mit selbiger stand ich schon immer auf Kriegsfuß, daher sind meine Erklärungen auch eher bildlich zu verstehen. Ob das alles physikalisch korrekt von mir erklärt wurde, wage ich zu bezweifeln, in erster Linie geht es aber darum das Grundprinzip zu verstehen.
„Auch Fahrzeuge wie das Tesla Model S, der BMW i3 oder die B-Klasse Electric-Drive können mit 11 kW-Lader geordert werden.“ Wie darf ich das verstehen, laut meinem Informationsstand ist das beim I3 nicht möglich!
Korrekt, Danke für den Hinweis, habe es korrigiert. Der i3 kann im Übrigen an 20 A mit 4,6 kW laden, eine 11 kW Lademöglichkeit hat er nicht, schnell laden geht nur via Gleichstrom.
Nur der Vollständigkeit halber: Der i3 kann einphasig und mit Einstellung „maximal“ an 30 A mit 6,8 kW, an 32 A mit 7+ kW geladen werden, Komplettladung (nicht 80 %) erfahrungsgemäß in knapp 4 Stunden.