Vorurteile zum Thema Elektromobilität

Wer auf Facebook als Elektromobilist unterwegs ist, trifft dort schnell auf Gleichgesinnte. Die Community der Elektromobilisten ist noch klein und man lernt sich schnell „kennen“, tauscht sich aus und hilft Einander, eine der schönen Seiten des elektromobilen Lebens. So erfährt man in diversen Facebook-Gruppen zum Thema Elektromobilität täglich Neuigkeiten und so bin ich kürzlich über einen aktuellen Beitrag von Heise Online gestolpert, welcher sämtliche Klischees zu Elektroautos als gegeben darstellt.

Heise ist eigentlich eine seriöse Plattform, welche unter Anderem Magazine, wie die Computerzeitschrift C’T herausbringt. Was sich der Verfasser des Beitrags „Aufs falsche Pferd gesetzt ? E-Autos hängen am Tropf der Energiewende“ da gedacht hat, ist schon erschreckend. Man könnte fast meinen, die Recherchen zu diesem Artikel seien am Stammtisch erfolgt.

Elektroautos kosten das Doppelte und Dreifache eines Verbrenners, benötigen stundenlange Ladezeiten und haben geringe Reichweiten heißt es dort sinngemäß.

Jeder, der ein aktuelles Elektroauto fährt, kann diese Thesen widerlegen. Fahrzeuge, wie der Nissan Leaf oder der Renault Zoe machen Elektromobilität bezahlbar. Diese Fahrzeuge liegen bei vergleichbarer Motorisierung und Ausstattung in etwa auf dem Niveau ihrer Konzernbrüder mit Dieselantrieb. Ein Renault Clio 4 Luxe dCi 90 kostet mit Automatik, Klimaanlage, Standheizung, Tempomat, vernetzter Navigation, Rückfahrkamera und Keyless go 21780 € ein Renault Zoe ohne Wallbox 22400 € eine Differenz zu Gunsten des Verbrenners von 620 €. Selbst wenn man die Batteriemiete auf einen Zyklus von 8 Jahren hinzu rechnet, bleibt eine Differenz von 8876 € zu Gunsten des Verbrenners, hier vom doppelten bis dreifachen Preis zu sprechen ist doch leicht übertrieben ! Rechnet man die Batterie zu den Betriebskosten des Fahrzeugs, so entsprechen die Kosten für Strom und Batterie auf 100 Kilometer dem Preis von 7 Litern Diesel. Rechnet man alle Kosten gegeneinander auf, so ergibt sich ein Preisvorteil von gerade mal 1,45 € je 100 Kilometer für den Verbrenner. Ein Aufpreis, den ich gerne zu zahlen bereit wäre, um die Entwicklung in diese Richtung voranzutreiben und unabhängig von der Mineralölindustrie zu sein. Muss ich aber aktuell nicht einmal, da ich noch kostenlos laden kann.

Das nächste Vorurteil, die Ladezeiten. Die meisten aktuellen Elektrofahrzeuge verfügen über die Möglichkeit der Schnellladung. Langwierig wird es nur an einer herkömmlichen Haushaltssteckdose. bereits an einer 16A Drehstromsteckdose ist einElektroauto in 2h vollständig aufgeladen, an 32A sogar in einer Stunde. Fahrzeuge wie das Tesla Model S laden an ihren Superchargern in 40 Minuten Strom für weitere 400 Kilometer.

Womit wir beim nächsten Vorurteil wären, die Reichweite. Die meisten modernen Elektrofahrzeuge peilen unter optimalen Bedingungen eine Reichweite von 200 Kilometern an. Ich habe real schon 175 Kilometer geschafft, diese Distanz reicht den meisten Autofahrern fürs tägliche Pendeln. Abends könnte man dann sogar in aller Ruhe sein Auto an einer Haushaltssteckdose in 6-8 h wieder aufladen (was man ja dank Schnellladung nicht muss).

Liest man sich dann die Kommentare zu diesem Artikel durch, wird es haarsträubend. Hier wird die Meinung vertreten, Elektroautos seien Bremsklötze, könnten nur bei bestehender Internetverbindung und im Ausland gar nicht geladen werden und der Betrieb von Heizung und Klimaanlage würden dazu beitragen, dass man es nicht mehr nach Hause schafft… FALSCH !!!

Elektroautos beschleunigen i.d.R. besser als vergleichbare Verbrenner, können unabhängig von der Netzanbindung auch im Ausland geladen werden und die Energie, welche die Klimaanlage benötigt wird meist 2 bis 4-Fach durch die Rekuperation zurückgeholt. Dank der Rekuperation verschleißen auch die Bremsen weniger und im Übrigen benötigt ein Elektroauto weder Motor noch Getriebeöl, ein herkömmliches Getriebe ist gar nicht vorhanden, ebensowenig wie eine anfällige Einspritzanlage, eine Abgasanlage oder Turbolader. So ein Elektroauto ist also auch im Unterhalt günstiger als ein Verbrenner.

Wenn man allerdings Artikel wie diesen von Heise liest, so wundert es einen kaum, dass die Aufklärung zum Thema Elektroauto auf Stammtischniveau liegt.

Dennoch möchte ich eines verdeutlichen, ein bezahlbares Elektroauto ersetzt heute noch nicht vollständig den Verbrenner. Wer täglich mehr als 150 Kilometer mit einem Auto zurücklegt, für den ist ein Elektroauto nicht geeignet, wohl aber als Ersatz für die vielen Zweitwagen in deutschen Haushalten, welche überwiegend im Kurzstreckenbetrieb eingesetzt werden.

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3 Antworten zu Vorurteile zum Thema Elektromobilität

  1. i_Peter sagt:

    Wer nicht nur zuhause, sondern auch am Arbeitsplatz die Möglichkeit zum Aufladen hat, der kann auch locker tägliche Pendlerstrecken von bis zu 300 km zurücklegen (150 km hin, 150 km zurück).
    Zum Aufladen reicht eine einfache 16A Schuko-Steckdose, an der das eAuto in 6-8 Stunden während der Arbeits- und (Mittags-)Pausenzeit wieder aufgeladen wird für die Rückfahrt.
    Ich vermute einmal, 99,8% aller Arbeitnehmer haben eine kürzere Strecke zum Arbeitsplatz.
    Ich fordere alle auf, die an Elektromobilität interessiert sind, mit zu helfen, gesetzliche Regelungen für Arbeitgeber zu fordern. Für alle Arbeitnehmer mit eAuto, die das wünschen, muss der Arbeitgeber verpflichtet werden, Lademöglichkeiten zu schaffen. Dies kann je nach Größe der Firma auf dem Firmenparkplatz oder im öffentlichen Parkraum zu Verfügung gestellt werden.
    Natürlich zahlt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den aufgeladenen Strom.

    • admin sagt:

      Ja und Nein, denn um 150 Kilometer zu erreichen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Bezahlbare Fahrzeuge wie der Renault Zoe oder der Nissan Leaf schaffen diese nur bei sehr moderater Fahrweise und bei milden Themperaturen. Im Winter würde ich mich nicht auf 150 Kilometer verlassen, ich selbst habe im Winter je Akkufüllung maximal 120 Kilometer geschafft. Da war das Auto allerdings noch neu und der Akku hatte noch nicht seine volle Kapazität, außerdem habe ich meine Fahrweise mittlerweile dem Verbrauch angepasst und komme somit deutlich weiter.
      Autobahnen sind allerdings Reichweitenkiller, denn wer will schon mit 80 über die Autobahn kriechen, wenn problemlos auch 140 km/h machbar sind ? 😉

  2. marwerno sagt:

    Jetzt mal im ernst: Wer fährt schon wirklich mehr als 30km (einfache Strecke) zur Arbeit?
    Sicherlich gibt es einige die das machen, die Mehrheit ist das vermutlich aber nicht!
    Und das schaffe ich mit meinem Peugeot 106 Electric aus dem Jahre 1996 (original Elektroauto, kein Umbau. Baugleich sind Citroen Saxo, AX)
    Akkus sind in NiCd Technik, die Batterien welche drin sind, sind von 2000 (da gab es probleme mit der ersten Generation und die wurden auf Garantie getauscht).
    Die Fahrzeuge sind heute noch meist gut in Schuss (da vollverzinkt!) und mit guten Akkus, Kilometerstand meist nicht über 50000 zwischen 5000 – 11000 EUR zu haben. Was günstig ist wenn man die Akkukosten betrachtet.

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